Cognitive Crafting zielt auf die eigene Wahrnehmung der Arbeit

🗄️ Dimensionen | ⏱️ 30 Minuten | ✒️ Uta Menges

Inhalt
• Definition von Cognitive Crafting
• Beispiele für Cognitive Crafting
• Der Hintergrund von Cognitive Crafting
• Positive Effekte von Cognitive Crafting
• Schlussfolgerungen

 

Definition von Cognitive Crafting

Die moderne Arbeitswelt ist geprägt von Diskussionen über den Sinn der Arbeit. Gerade durch die unterschiedlichen Generationen, die heute am Arbeitsplatz erfolgreich zusammenarbeiten sollen, wandelt sich die Wahrnehmung der Arbeit. Doch diese Erkenntnis hatten auch bereits die Wissenschaftlerinnen Amy Wrzesniewski und Jane Dutton [1], auf deren Arbeit Job Crafting zurückgeht. Sie stellen fest, dass Mitarbeitende mithilfe von Cognitive Crafting ihre Arbeit und deren Bedeutung gedanklich neu einordnen können.

Cognitive Crafting befasst sich mit der bewussten Veränderung der mentalen Wahrnehmung der eigenen Arbeit.

Dazu können Mitarbeitende weniger die routinemäßigen Tagesaufgaben zu betrachten, sondern eher das Gesamtergebnis ihres Beitrags. So sehen sie ihre Tätigkeit in einem größeren und bedeutenderen Kontext.

Ein weiterer Ansatz, für den auch die arbeitgebende Organisation eine Mitverantwortung trägt, ist die Verknüpfung der individuellen Tätigkeit mit den Gesamtzielen der Organisation. So begreifen sich die einzelnen Mitarbeitenden nicht als kleines Rädchen, sondern erkennen ihre Verantwortung für das große Ganze.

Eine eher individuelle Methode im Rahmen des Cognitive Crafting ist die Verknüpfung des Jobs mit den eigenen Werten. Dies steigert die Sinnhaftigkeit und damit die Zufriedenheit auf der persönlichen Ebene.


Beispiele für Cognitive Crafting

Wie oben beschrieben, kann Cognitive Crafting auf verschiedene Art und Weise umgesetzt werden. Diese unterschiedlichen Herangehensweisen wollen wir mit einigen Beispielen veranschaulichen.

  • Ein Krankenpfleger verändert die Bewertung seiner täglichen Arbeit, indem er den direkten Einfluss seiner Pflege auf das Wohlbefinden und die Genesung der Patient:innen in den Vordergrund stellt, statt nur die physischen und mentalen Anforderungen des Berufs wahrzunehmen.

  • Eine Buchhalterin ändert den Blick auf ihre Rolle als Teil eines Teams, das dem Unternehmen hilft, finanzielle Stabilität und damit langfristigen Erfolg zu sichern, anstatt sich nur auf die mechanische Abwicklung von Finanzprozessen zu fokussieren.

Die obigen Beispiele zeigen, wie Mitarbeitende ihre Perspektive wandeln von den routinemäßigen Tagesaufgaben hin zu einem Verständnis für den größeren Sinn der eigenen Tätigkeit, zum einen für die Kund:innen wie in Beispiel eins, oder für den Geschäftserfolg wie im zweiten Beispiel. Das steigert die Sinnhaftigkeit des individuellen Jobs und verschafft größere Zufriedenheit.

  • Ein Mitarbeiter, der Ordnungssinn und Pragmatismus zu seinen Kernwerten zählt, bietet sich an, den Lagerraum der Abteilung aufzuräumen und dabei auch das Material sinnvoll zu ordnen. Er beschriftet alle Regale, so dass es den Kolleg:innen zukünftig leichter fällt, Dinge zu finden und auch wieder ordentlich zu verstauen. So sparen zukünftig alle Zeit und schonen ihre Nerven.

  • Eine Führungskraft, die Chancengleichheit und Respekt zu ihren Kernwerten zählt, bindet aktiv die Teammitglieder in die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Teammeetings ein. Die gemeinsame Organisation bietet allen die Möglichkeit, sich stärker und gleichberechtigt einzubringen und stärkt gleichzeitig den Teamgeist.

Mit diesen Beispielen wird klar, wie durch Cognitive Crafting und einen Fokus auf die persönlichen Werte positive Auswirkungen auf die jeweilige Person und ihr Arbeitsumfeld sowie langfristiger Erfolg entstehen.

  • Eine Werkstudentin, die Wert auf lebenslanges Lernen und kontinuierliches Wachstum legt, sucht eigeninitiativ den Kontakt zu Kolleg:innen in und außerhalb der eigenen Abteilung, die ihr helfen können, sich beruflich und persönlich weiterzuentwickeln. So wächst ihr Netzwerk, was sogar über die Werkstudierenden-Tätigkeit hinaus von Nutzen ist.

  • Eine Mitarbeiterin, die positive zwischenmenschliche Beziehungen schätzt, könnte bewusst den Kontakt zu Kolleg:innen minimieren, die eine toxische Arbeitskultur fördern oder wenig Wertschätzung für andere zeigen. Sie gestaltet ihre Interaktionen so, dass sie sich auf Personen konzentriert, die sie unterstützen und positiv beeinflussen.

Diese weiteren Beispiele verdeutlichen, wie es Cognitive Crafting Mitarbeitenden ermöglicht, Arbeitsbeziehungen im Einklang mit ihren persönlichen Werten zu formen und gleichzeitig ihr Wohlbefinden zu steigern.


Der Hintergrund von Cognitive Crafting

Um den Begriff des Cognitive Crafting besser einordnen zu können, wollen wir uns kurz dem Fachbegriff Kognition widmen.

Als Kognition können alle mentalen Vorgänge bezeichnet werden, mit denen Individuen Informationen wahrnehmen, verarbeiten und anwenden.

Diese Prozesse laufen sowohl bewusst als auch unbewusst ab. Beispiele sind Denkvorgänge wie Lernen, Probleme lösen, Pläne schmieden, Entscheidungen herleiten sowie Kreativität und Vorstellungsvermögen. Das Entwickeln von Meinungen, das Interpretieren oder das Fällen von Beurteilungen, aber auch unbewusste Vorurteile gehören ebenfalls dazu. Die eigenen Wünsche, Werte und Gefühle haben ebenfalls Einfluss auf diese psychischen Vorgänge.

Selbstwahrnehmung und das Verstehen des persönlichen Umfelds werden ebenso kognitiv gesteuert wie auch das eigene Verhalten sowie die Interaktion mit der Umwelt. Und dies passiert demzufolge auch in der Arbeitswelt.

Wie jemand den eigenen Job und sich selbst am Arbeitsplatz wahrnimmt, wird sowohl durch die Person selbst, durch die oben beschriebenen kognitiven Prozesse bestimmt, und natürlich ebenso durch das Umfeld. Während eine Veränderung der äußeren Umstände mitunter schwierig ist, kann jeder Mensch an sich selbst und auch am eigenen Denken arbeiten.

Diesen Weg kann man mit Cognitive Crafting angehen und proaktiv die Wahrnehmung der eigenen Arbeit verändern.


Positive Effekte von Cognitive Crafting

Cognitive Crafting kann sowohl das persönliche Wohlbefinden als auch die Arbeitsleistung positiv beeinflussen. Die Veränderung der Wahrnehmung der eigenen Arbeit kann tiefgreifende Auswirkungen auf die emotionale Verbindung zu den täglichen Aufgaben und zur Arbeitsumgebung haben.

  • Höhere Arbeitszufriedenheit: Mitarbeitende, die ihre Arbeit als bedeutsamer empfinden, sind in der Regel zufriedener und erleben mehr positive Emotionen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit. Durch Cognitive Crafting können sie ihre tägliche Routine in einem positiveren Licht sehen und sich stärker mit ihrer Arbeit identifizieren.

  • Mehr Motivation und Engagement: Wenn Mitarbeitende ihre Arbeit als Teil eines größeren Ganzen betrachten oder ihre Aufgaben als Beitrag zu einem wichtigen Ziel sehen, kann dies die intrinsische Motivation und das Engagement deutlich erhöhen. Sie gehen nicht mehr nur zur Arbeit, sondern leisten bewusst einen Beitrag, der für sie persönlich von Bedeutung ist.

  • Verbesserung der psychischen Gesundheit: Durch die Änderung der gedanklichen Bewertung ihrer Arbeit können Mitarbeitende Stress reduzieren und ihre psychische Gesundheit verbessern. Indem sie sich auf die positiven Aspekte und den Sinn ihrer Arbeit konzentrieren, können sie negative Gedanken und Gefühle in den Hintergrund drängen.

  • Erhöhung der Resilienz: Mitarbeitende, die kognitive Strategien nutzen, um den Sinn ihrer Arbeit zu betonen, sind oft widerstandsfähiger gegenüber Herausforderungen und Schwierigkeiten im Arbeitsumfeld. Sie sind eher in der Lage, Rückschläge als temporär zu betrachten und sich auf die langfristigen Ziele zu fokussieren.

Diese Liste fokussiert auf die Auswirkungen auf die Mitarbeitenden. Daneben bietet Cognitive Crafting auch zahlreiche Vorteile für deren Umfeld und die Gesamtorganisation. Diese werden in separaten Beiträgen betrachtet.

Außerdem werden den Risiken und Hindernissen für Cognitive Crafting, die es selbstverständlich auch gibt, eigene Beiträge gewidmet.


Schlussfolgerungen

3D-Icon eines Kopfes in dem Zahnräder zu sehen sind

Durch Cognitive Crafting können Mitarbeitende ihre Arbeit mental neu interpretieren, um sie positiver und sinnvoller zu gestalten. Es geht darum, die eigene Wahrnehmung des Jobs zu verändern, indem man die Aufgaben und deren Bedeutung aus einem anderen Blickwinkel betrachtet und neu bewertet. Anstatt Aufgaben nur als Pflichten zu sehen, stellen sie beispielsweise den Beitrag der Arbeit zu übergeordneten Zielen, positive Auswirkungen auf andere oder die Passung zu den persönlichen Werten in den Vordergrund.

Durch diesen Perspektivwechsel erhöhen sich die intrinsische Motivation und die Identifikation mit den eigenen Aufgaben, was auch auf die Leistung und das Engagement ausstrahlt. Auch das persönliche Wohlbefinden und die Zufriedenheit mit der beruflichen Situation verbessern sich, was sich positiv auf die mentale Gesundheit und den Umgang mit Stress oder Niederschlägen auswirkt.

Cognitive Crafting zählt zu den wesentlichen Dimensionen von Job Crafting. Die Kraft der eigenen Gedanken und deren Ausrichtung auf eine positivere Wahrnehmung des eigenen Jobs sind sehr wirkungsvolle Instrumente. Dieser Ansatz hat darüber hinaus den Vorteil, dass Mitarbeitende ihn eigeninitiativ angehen und selbstgesteuert umsetzen können. In Kombination mit weiteren Job Crafting Dimensionen ergeben sie so umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten.

Referenzen:
[1] Wrzesniewski, Amy & Dutton, Jane. (2001). Crafting a Job: Revisioning Employees as Active Crafters of Their Work. Academy of Management Review. 26. 179-201. 10.2307/259118.

 

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