Relationship Crafting betrachtet die Arbeitsbeziehungen
🗄️ Dimensionen | ⏱️ 25 Minuten | ✒️ Uta Menges
Inhalt
• Definition von Relationship Crafting
• Beispiele für Relationship Crafting
• Wissenschaftliche Theorien zu Relationship Crafting
• Positive Effekte von Relationship Crafting
• Schlussfolgerungen
Definition von Relationship Crafting
In der dynamischen Arbeitswelt von heute spielen zwischenmenschliche Beziehungen eine zentrale Rolle. Gerade in komplexen, interdisziplinären Arbeitsumfeldern, in denen Zusammenarbeit und Kommunikation unerlässlich sind, rückt die Pflege konstruktiver Arbeitsbeziehungen immer stärker in den Fokus. Diesem Handlungsfeld widmet sich Relationship Crafting, das sich auf die bewusste Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Arbeitsumfeld konzentriert. Im ursprünglichen Job Crafting Ansatz der Organisationspsychologinnen Amy Wrzesniewski und Jane Dutton [1] war diese Dimension bereits Bestandteil.
Relationship Crafting steht für die aktive und zielgerichtete Gestaltung der sozialen Beziehungen im beruflichen Kontext.
Mitarbeitende verändern durch Relationship Crafting, mit wem, wie und in welchem Umfang sie interagieren. Es geht darum, bewusst zu entscheiden, welche Beziehungen intensiviert, neu aufgebaut oder möglicherweise reduziert werden.
Dahinter steht die Absicht, die Zusammenarbeit und gemeinsamen Arbeitsergebnisse zu optimieren sowie das eigene Wohlbefinden und die sozialen Erfahrungen im Arbeitsalltag zu verbessern.
Beispiele für Relationship Crafting
Für die Anpassung sozialer Interaktionen am Arbeitsplatz im Sinne von Relationship Crafting gibt es zahlreiche Möglichkeiten.
Ein Marketingmitarbeiter arbeitet bewusst verstärkt mit dem Vertriebsteam zusammenarbeiten, um die Bedürfnisse der Kund:innen besser zu verstehen und seine Kampagnen effektiver zu gestalten. Das steigert sein Gefühl der Wirksamkeit und wirkt sich auch auf den Erfolg seiner Arbeit aus.
Eine Projektmanagerin vertieft die Beziehungen zu bestimmten Stakeholdern durch mehr persönliche Gespräche und regelmäßigen Austausch. Dadurch wächst das Vertrauen, gleichzeitig verbessern sich die Zusammenarbeit und auch der Projektfortschritt.
Eine Lehrerin sucht im Kollegium insbesondere den Kontakt zu Kolleg:innen, die neu in den Beruf einsteigen. Diese bringen zahlreiche frische Ideen mit, wie man den Unterricht abwechslungsreicher und interessanter gestalten sowie digitale Medien einbinden kann. Dies verringert bei der Lehrerin das Gefühl der Routine und Langeweile und steigert im Gegenzug die Lust am Lernen und Ausprobieren.
Ein Teammitglied, das in einem stark konfliktbeladenen Team arbeitet, minimiert den Kontakt zu bestimmten Kolleg:innen und baut stattdessen Beziehungen zu anderen, unterstützenderen Kolleg:innen aus. So wird eine bessere Balance des persönlichen Wohlbefindens erreicht.
Die beiden ersten Beispiele zeigen Möglichkeiten, wie bestehende Kontakte zielgerichtet intensiviert werden können. Im dritten Beispiel werden neue Beziehungen geknüpft, während Beispiel drei auch die Reduzierung von Interaktionen beinhaltet.
Wissenschaftliche Theorien zu Relationship Crafting
Relationship Crafting lässt sich durch eine Reihe etablierter Theorien aus den Bereichen Sozial-, Arbeits- und Organisationspsychologie begründen. Diese Theorien helfen, die Bedeutung sozialer Interaktionen am Arbeitsplatz zu verstehen und die Effekte von Relationship Crafting für Arbeitszufriedenheit, Wohlbefinden und Leistung zu verdeutlichen.
Wie auch beim Task Crafting kann hier die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan [2] greifen. Diese betont, dass die Erfüllung der Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit die Grundlage für intrinsische Motivation und Wohlbefinden ist. Relationship Crafting kann als ein Weg verstanden werden, das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit zu erfüllen, indem Mitarbeitende aktiv soziale Beziehungen am Arbeitsplatz pflegen und gestalten. Durch den Aufbau positiver Beziehungen erhöhen Mitarbeitende ihre Zufriedenheit und Motivation, was wiederum zu einer höheren Arbeitsleistung führt.
Die Rollen-Stress-Theorie von Kahn et al. [3] erläutert, wie Unsicherheiten oder Konflikte in beruflichen Rollen Stress erzeugen. Relationship Crafting kann dabei helfen, diese Stressoren zu minimieren, indem Mitarbeitende ihre Beziehungen zu Kolleg:innen und Vorgesetzten so gestalten, dass Rollen- und Erwartungskonflikte reduziert werden. Indem sie ihre beruflichen Rollen durch den Aufbau klarer Kommunikationswege und unterstützender Netzwerke anpassen, können Mitarbeitende ihren Stress verringern und ihr Wohlbefinden steigern.
Das von Arnold B. Bakker und Evangelia Demerouti entwickelte Job Demands-Resources Model [4] beschreibt, wie Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen das Wohlbefinden und die Leistung von Mitarbeitenden beeinflussen. Relationship Crafting spielt hier eine Rolle, indem Mitarbeitende ihre Arbeitsressourcen durch das Knüpfen und Aubauen unterstützender Beziehungen proaktiv erhöhen oder die individuellen Arbeitsanforderungen durch verbesserte Kommunikation und konstruktive Teamarbeit verringern.
Diese Theorien zeigen beispielhaft, wie die gezielte Gestaltung von Beziehungen zu positiven Auswirkungen auf den eigenen Arbeitskontext führen kann.
Positive Effekte von Relationship Crafting
Relationship Crafting kann auf vielfältige Weise zu einem produktiveren und angenehmeren Arbeitsumfeld führen. Es wirkt sich positiv auf die individuelle Zufriedenheit, die Teamdynamik und die gesamte Unternehmenskultur aus. Diese Liste stellt die Vorteile für Mitarbeitende dar, die Effekte auf das direkte Arbeitsumfeld und die Gesamtorganisation werden in eigenen Beiträgen aufgezeigt.
Erhöhte Arbeitszufriedenheit und Wohlbefinden: Wenn Mitarbeitende aktiv an der Gestaltung ihrer sozialen Beziehungen arbeiten und sich ein unterstützendes Netzwerk aufbauen, trägt dies maßgeblich zu ihrem Wohlbefinden bei. Positive Beziehungen am Arbeitsplatz fördern das Gefühl von Zugehörigkeit und sozialer Unterstützung, was die allgemeine Zufriedenheit steigert.
Verbesserte Teamdynamik und Zusammenarbeit: Mitarbeitende, die ihre Beziehungen zu Kolleg:innen bewusst gestalten, tragen zu einem besseren Arbeitsklima und einer reibungsloseren Zusammenarbeit bei. Dies führt zu weniger Konflikten innerhalb von Teams und bringt durch effizientere Abläufe auch bessere Arbeitsergebnisse für die Einzelnen.
Erhöhte soziale Unterstützung und Ressourcen: Durch Relationship Crafting können Mitarbeitende Zugang zu zusätzlichen Ressourcen, Wissen und Unterstützung erlangen. Wenn sie Beziehungen zu Personen knüpfen, die ihnen bei der Lösung von Problemen oder dem Zugang zu wichtigen Informationen helfen können, verbessern sie ihre berufliche Leistung.
Stärkere emotionale Resilienz: Ein gut aufgebautes Beziehungsnetzwerk bietet nicht nur praktische Unterstützung, sondern auch emotionale Rückendeckung. In schwierigen Zeiten oder bei hohen Arbeitsanforderungen können soziale Beziehungen helfen, Stress besser zu bewältigen und emotionale Erschöpfung zu verhindern.
Steigerung der beruflichen Entwicklung: Durch den gezielten Aufbau von Netzwerken zu einflussreichen Personen innerhalb oder außerhalb der Organisation können Mitarbeitende Chancen für berufliches Wachstum und Weiterentwicklung besser erkennen und nutzen.
Trotz der zahlreichen positiven Auswirkungen existieren auch Probleme und Grenzen beim Relationship Crafting, die in weiteren Beiträgen dargestellt werden.
Schlussfolgerungen
Relationship Crafting bezieht sich auf die aktive Gestaltung und Veränderung der sozialen Interaktionen und Beziehungen am Arbeitsplatz. Mitarbeitende nehmen bewusst Einfluss auf ihre beruflichen Beziehungen, indem sie mehr oder weniger Kontakt zu bestimmten Kolleg:innen suchen, die Art der Zusammenarbeit verändern oder neue Netzwerke aufbauen. Ziel ist es, die sozialen Beziehungen so zu gestalten, dass sie das eigene Wohlbefinden verbessern und Belastungen reduziert werden.
Die positiven Auswirkungen von Relationship Crafting umfassen ein gesteigertes Zugehörigkeitsgefühl und die gegenseitige soziale Unterstützung. Außerdem verbessern sich Teamarbeit und Arbeitsklima. Insgesamt erhöht dies die Resilienz der Mitarbeitenden, steigert die individuelle Motivation und Leistung und trägt zur Weiterentwicklung bei.
Die Pionierinnen des Job Crafting-Konzepts Amy Wrzesniewski und Jane E. Dutton [1] haben Relationship Crafting bereits 2001 als eine signifikante Dimension des Job Crafting Ansatzes verstanden. In der modernen Management- und Ratgeberliteratur werden vergleichbare Konzepte unter dem Begriff des Netzwerkens aufgezeigt. Aufbau und Pflege von Beziehungen zur Erreichung beruflicher Ziele werden als ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Karriere propagiert. Beim Relationship Crafting dient diese Herangehensweise vorrangig einer Verbesserung der aktuellen Jobsituation, wobei aber durchaus auch langfristige Effekte für zukünftige Karriereschritte erzielt werden können.
Referenzen
[1] Wrzesniewski, Amy & Dutton, Jane. (2001). Crafting a Job: Revisioning Employees as Active Crafters of Their Work. Academy of Management Review. 26. 179-201. 10.2307/259118.
[2] Deci, E. L., & Ryan, R. M. (1985). Intrinsic motivation and self-determination in human behavior. New York: Plenum.
[3] Kahn, R. L., Wolfe, D. M., Quinn, R. P., Snoek, J. D., & Rosenthal, R. A. (1964). Organizational stress: Studies in role conflict and ambiguity. New York: Wiley.
[4] Bakker, A. B., & Demerouti, E. (2007). The Job Demands-Resources model: State of the art. Journal of Managerial Psychology, 22(3), 309-328.
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